GUY
DEBORD UND DIE INTERNATIONALE SITUATIONISTE
Debord
war Initiator und Spiritus rector der Internationale Situationiste 1957 – 1972, sowie
Anreger und Theoretiker der Revolte des Mai 1968
SEIN
LEBEN
GUY DEBORD 1931
Paris – 1994 Bellevue-la-Montagne, Haute Loire
Bürgerliche
Familie, Vater Pharmazeut, stirbt früh, Mutter heiratet nochmals, sehr
wohlhabend, Debord wird hauptsächlich von seiner Großmutter erzogen
Ausbildung: sein
Hauptberuf war Filmschaffender (Hochschule in Cannes, Jus Studium), er
revolutioniert die Filmkunst
Bedeutender Film
am Beginn seiner Arbeit als Filmschaffender 1952: Hurlements en faveur de Sade
(damit revolutionierte er die Filmkunst. Debord deklarierte das Ende des
narrativen Films, das Publikum sah nichts als 20 Minuten lang den schwarzen
Bildschirm (der Tonstreifen: zu Beginn Dialogfetzen, dann Stille), bei der
Uraufführung begann das Publikum zu revoltieren, es entstand ein Tumult,
daraufhin kam Debord zum Podium und rief zur Diskussion auf); weitere Filme
folgten
1949 schließt er
sich der Lettristischen Internationale an (Isidor Isou)
1960 gründet er
mit Freunden die Situationistische Internationale
1967 schreibt er
Die Gesellschaft des Spektakels
SITUATIONISTISCHE
INTERNATIONALE
Gründung:
1957 in Cosio d´Arroscia (Italien), kollektive Arbeitsweise gemeinsam mit Asger
Jorn, Michèle Bernstein, Pinot Gallizio u. a.
Übergang
von der politischen Auffassung der Kunst zu einer Ästhetik revolutionärer
Politik
Weg
einer radikalen Modernisierung der politischen Aktion zu einer revolutionären
Front in der Kultur
Ziel:
die klassenlose Gesellschaft (konzise theoretische Kritik der kapitalistischen
Gesellschaft) gewählte Arbeiterräte
1960 formulierte
er das Manifest der
Internationalen Situationisten:
Er spricht von
der Verdrängung der Arbeit durch die Automatisierung und von einer Zunahme der
Freiheit dadurch
Im Zentrum steht
ein Künstlertyp (praktisch jeder könnte das sein) der zum Konstrukteur des
eigenen Lebens wird. Die Zukunft der Kunst wird die Herstellung von Situationen
sein oder gar nichts.
Es geht um ein
agitatorisches Verhältnis zur Kunst und nicht darum, ästhetische Abfälle zu
produzieren – sehen sich als Arbeiter auf dem kulturellen Sektor
Im Moment sind
wir noch Avant-Garde: Wir aber sind der Albtraum, von dem sich der Schlaf der
Kultur nie wieder erholen wird!
Totale Dekolonisierung des Alltags
durch permanente Revolution (im Kapitalismus ist der Alltag unfrei, Verfremdung
durch Produkte der Konsumwirtschaft) Die proletarische Revolution wird ein Fest
– vivre sans temps mort er jouir sans entraves
Arbeiterparteien, Arbeiterräte
Er spricht von
der Notwendigkeit einer konsequenten ideologischen Aktion, um auf dem Gebiet
der Leidenschaften gegen den Einfluss der Propagandamethoden des
hochentwickelten Kapitalismus zu kämpfen, um dem Widerschein kapitalistischer
Lebensweisen andere, wünschenswertere entgegenzusetzen: Der Krieg um die Freiheit muss mit Zorn geführt
werden (revolutionäres Potential)
METHODIK
UND THEORIE
Debord
war ein strategischer Denker, inspiriert durch das Buch Johan Huizinga, Homo
Ludens, das bei Galimard in Paris 1951 neu aufgelegt wurde (Erstausgabe
1939), darin wird das Spiel als Ursprung der Kultur definiert. Für Debord
sollte die absichtslose Autonomie des Spiels zur Überwindung kapitalistischer
Verhältnisse führen.
MANIFEST
DES UNITÄREN URBANISMUS
Er
setzte auf das subversive Potential des großstädtischen Milieus und entwickelte 1958 die Theorie de la dérive /
die Theorie des Umherschweifens.
Dérive alsTechnik,
um Situationen zu konstruieren: Vorsätzlich
jenseits des begrenzten Spiels mit Formen wird die neue Schönheit die der Situation
sein.
Passagen /
Streifzüge durch variierende urbane Umgebungen, aus dem Unerwarteten eine neue
Qualität der Leidenschaft abzuleiten
Die Psychogeografie
der Städte inspirierte das große moderne Abenteuer (Buch Guy Debord/Asger Jorn:
Fin de Copenhague : https://monoskop.org/images/7/75/Jorn_Asger_Fin_de_Copenhague.pdf)
Die bourgeoise
Idee des Glücks zerstören
Die
Psychogeografie
sollte eine Abrechnung mit dem Gute-Laune- Programm von Stadtplanungsentwürfen
bringen und war Auftakt einer Erhebung gegen die herrschende Ordnung
(restriktive Gesellschaft) und gleichzeitig eine poetische Wissenschaft.
Eine
andere Stadt für ein anderes Leben – New Babylon
Détourenement
Die
zwei grundlegenden Regeln des Détournements ist der Verlust der
ursprünglichen Bedeutung – von jedem einzelnen Element détourné; und zugleich
die Organisation eines anderen Ensembles einer eigenen Bedeutung, welche jedem
Element eine neue Rolle zuweist.
Die
neu-Bearbeitung des appropriierten Materials (wie z. B. Plakate) führt nicht
nur zur Entdeckung neuer Formen der Kreativität: zusätzlich, im Widerspruch zu
allen sozialen und legalen Konventionen, wirkt es als mächtige Waffe im Dienst
des Klassenkampfes. Die Billigkeit seiner Produkte ist die schwere Artillerie,
welche durch alle chinesischen Mauern des Nicht-Verstehens bricht. Es ist die
wahre Bedeutung der proletarischen künstlerischen Erziehung, der erste Schritt
zu einem Medien-Kommunismus. (Vincent Kaufmann)
Debord
und seine Freunde wollten die theoretische Kritik an der modernen Gesellschaft
durch Aktionen mit deren eigenen Erzeugnissen verbinden. Im Feld des
Détournements sollten die nämlichen Eigenschaften des Spektakels den Anlass zur
Revolte liefern. Dazu wollten sie sämtliche Plakate in den Metrostationen
beispielsweise bearbeiten im Sinn einer Guerilla urbain.
Debord sah gemeinsam mit den Arbeiterparteien die
Notwendigkeit einer konsequenten ideologischen Aktion, um auf dem Gebiet der
Leidenschaften gegen den Einfluss der Propagandamethoden des hochentwickelten
Kapitalismus zu kämpfen, um dem Widerschein kapitalistischer Lebensweisen
andere, wünschenswerte Lebensweisen entgegenzusetzen. Seine Absicht war, mit
allen hyper-politischen Mitteln, experimentelles Verhalten, Konstruktion von
Stimmungsfeldern, die bürgerliche Glücksvorstellung als kapitalistischen Traum
zu demaskieren, um das wahre Leben herauszufinden.
Bedeutung für die
68er Revolution: Theorie und Schlagworte:
On achète
ton bonheur: vole le
Ici
commence l´alienation
Plutot la
vie
Ne
travaillez jamais
Consommez
plus vous vivrez moins
1967 La Société
du spectacle
Theorie:
Henri Lefebvre,
Kritik des Alltagslebens
Antonio Gramsci:
die Notwendigkeit das Gebiet der Kultur zu erobern, um die soziale Revolution
zu ermöglichen
Socialisme ou
Barbarie